Ordnungsamt nach Einsatz in Halle-Neustadt in der Kritik
Am Braunschweiger Bogen in Halle-Neustadt reißen die Probleme mit den neuen Nachbarn aus Südosteuropa nicht ab. Warum sich nun Anwohner schockiert über das Verhalten des Ordnungsamtes zeigen.
Die Probleme mit den neuen Nachbarn im Braunschweiger Bogen in Halle-Neustadt reißen nicht ab: Immer wieder gibt es Klagen über das Verhalten zugezogener Familien aus Südosteuropa. Seit zwei Jahren leiden die Anwohner unter Ratten, Dreck, Lärm und dubiosen Geschäften von Jugendlichen wie offenem Drogenhandel. Polizeieinsätze sind an der Tagesordnung.
Inzwischen häufen sich Hinweise, das Ordnungsamt werde nicht mehr tätig oder würde Beschwerden nur noch halbherzig nachgehen. Beispiel 4. Februar: Im Innenhof befand sich am späten Abend eine Gruppe junger Männer, an einer Feuerschale laut und fröhlich feiernd, auf dem Gehweg ein geparkter Pkw.
Auf einen anonymen Hinweis bei der Leitstelle des Ordnungsamtes hieß es, dass die Party auf dem privaten Grundstück des Hauseigentümers stattfinde und die Behörde daher nicht einschreiten könne. Als von dem auf dem Gehweg geparkten Pkw die Rede war, reagierte die Mitarbeiterin gereizt.
Sie beendete das Gespräch, als der Anrufer seinen Namen nicht preisgeben wollte, wie es die Anwohner aus Angst vor körperlichen Übergriffen oft nicht tun. Vier weitere Anrufe wurden einfach gar nicht mehr entgegengenommen, stattdessen der Hörer abgenommen und direkt wieder aufgelegt.
Widersprüchliche Aussagen
Die Stadt erklärt dazu auf MZ-Nachfrage: „Die Leitstelle der Abteilung Stadtordnung nimmt anonyme Anzeigen – auch telefonisch – auf. Über personenbezogene Einzelfälle können im Rahmen von Presseanfragen keine Auskünfte gegeben werden.“ Darüber hinaus verweist die Stadt bei Beschwerden auf das Internet-Meldeportal „Sag’s uns einfach“.
Erst als sich der MZ-Reporter mit sichtbarer Telefonnummer in der Leitstelle meldete, wurde die Beschwerde aufgenommen. Hierzu sagt die Stadt, ein Team des Ordnungsdienstes sei bereits nach dem ersten Anruf an den Ereignisort entsendet worden.
Vor Ort habe man eine Gruppe von mehreren Personen angetroffen. „Auf einem Privatgrundstück wurde eine Feuerschale betrieben, es wurde sich in normaler Lautstärke unterhalten, und das falsch geparkte Auto wurde nach Aufforderung durch das Ordnungsamt weggefahren.
Weitere Maßnahmen waren deshalb seitens des Ordnungsamtes nicht erforderlich.“ Das Ziel der Herstellung von Sicherheit und Ordnung sei insofern mit dem mildesten Mittel erreicht worden. Die Einsatzkräfte hätten damit unter Betrachtung des Gesamtsachverhaltes und des vorliegenden Verstoßes opportun gehandelt.
Eine Aussage, die Zeugen des Geschehens so nicht bestätigen. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes hätten zwar gefragt, wem das Fahrzeug auf dem Gehweg gehöre, es sei aber nicht weggefahren worden. Auch nicht, als das Ordnungsamt abgerückt war, es wurde auch kein Verwarngeld erhoben.
Eine Anwohnerin, die ihren Namen wegen der Gesamtsituation nicht öffentlich nennen möchte, kommentiert den Vorgang so: „Jeder andere hätte bezahlen müssen. Die haben doch Angst, da rigoros durchzugreifen. Warum hat man nicht verlangt, das Auto sofort zu entfernen?“
Weiterhin teilt die Stadt mit, dass durch die Einsatzkräfte keine Lärmbelästigung festgestellt worden sei, so dass die gänzliche Untersagung der Party nicht angemessen gewesen wäre. Anwohner berichten dagegen von lautem Geschrei zumindest bis zum Eintreffen des Ordnungsamtes.
Natürlich seien die Personen beim Erblicken der Behördenmitarbeiter dann leise gewesen, wie die Anwohnerin ihre Beobachtungen weiter schildert. Aber offen bleibe die Frage, wieso bei mehrfachen Beschwerden nicht gehandelt oder die Party dann nicht doch untersagt worden sei. „So entsteht der Eindruck, das Ordnungsamt hat Angst, da durchzugreifen“, sagt die Anwohnerin.
Peter Scharz, Vorsitzender des besonders in Neustadt engagierten Mieterrats Halle, berichtet der MZ von ähnlichen Vorfällen. Bei ihm häuften sich Bürgerhinweise und Beschwerden über das Ordnungsamt, das Anrufe in dessen Leitstelle gar nicht erst entgegen nehme oder dass bei unbequemen Themen einfach aufgelegt werde.
Der Mieterrat fordere die Amtsleitung auf, die unkooperativen Angestellten des Ordnungsamtes schriftlich abzumahnen. Die Stadt antwortet zur von Scharz geschilderten und von der MZ festgestellten Situation: „Das Qualitätsmanagement der Abteilung Stadtordnung erhält neben Beschwerden auch positive Rückmeldungen zur Bürgerfreundlichkeit, so dass die genannten Sachverhalte nicht pauschalisiert werden können.“ Die Stadt gehe jedem Einzelfall und jeder Kritik individuell nach.
Lichtblick Sicherheitsdienst
Für viele im Viertel ein Lichtblick ist ein privater Sicherheitsdienst, auf Druck durch verängstigte Mieter aus den Nachbarhäusern vom Bauverein Halle engagiert. Von 18 bis 6 Uhr können die Mieter sich an den Streifendienst vom Sicherheitsmanagement Halle wenden, auch wird in unregelmäßigen Streifengängen der Innenhof überwacht.
„Seit der Sicherheitsdienst da ist, fühlt man sich hier schon etwas sicherer“, sagt die Anwohnerin im Gespräch mit der MZ weiter. Bleiben will sie dennoch nicht. Schon bald, im Frühjahr, wird sie wegen der anhaltenden Probleme wie andere Mieter vor ihr das Viertel verlassen und wegziehen. Es sei einfach kein ruhiges Leben mehr möglich, konstatiert sie bitter.